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AutorenbildLeo Bisatz

Inspiration, Freiheit, Natur: Ein Gespräch mit Theresa Lambrecht


Theresa Lambrecht verbindet in ihrer Kunst das Ursprüngliche der Natur mit klaren,


Art Piece "Peace", 30 x 30 cm, Fotocollage, 2024

reflektierten Ansätzen. Wir haben darüber gesprochen, warum die Natur für sie so wichtig ist, was hinter dem Projekt „Diamonds are Forever“ steckt und welche Ausstellung sie bis heute nicht loslässt.





Man hört oft, dass Sie in Ihrer Arbeit eine tiefe Verbindung zur Natur suchen. Woher, glauben Sie, rührt dieses Bedürfnis?

Meine Arbeit beschäftigt sich intensiv mit der Natur, weil sie für mich eine tiefe, ursprüngliche Bedeutung hat. Aufgewachsen am Stadtrand von Berlin, in einer Umgebung, die urbanes Leben und grüne Oasen miteinander verbindet, habe ich früh diesen Kontrast gespürt: das pulsierende Stadtleben auf der einen Seite undie Ruhe, Weite und Schönheit der Natur auf der anderen. Gerade in der Enge der Großstadt, zwischen all den Menschen und dem Lärm, war es oft die Natur, die mir fehlte – ein Ort, an dem ich Stille finden konnte. Die Natur hat etwas Ursprüngliches und Unverfälschtes. Sie ist in ihrer Schönheit einzigartig, nie kitschig und niemals hässlich. Sie braucht keine Worte, um verstanden zu werden, weil sie eine universelle, wortlose Sprache spricht. Es ist eine Verbindung, die man einfach spürt – sie tröstet, sie nährt uns, und sie gibt einem das Gefühl, einfach sein zu dürfen, ohne Erwartungen oder Druck. Darüber hinaus ist die Natur für mich eine unerschöpfliche Inspirationsquelle. Ihre Farben, Formen und sich wiederholenden Muster sind voller Wunder. Alles darin wirkt harmonisch und gleichzeitig immer neu – ein Zusammenspiel, das mich künstlerisch fasziniert und inspiriert.

Gibt es eine Ausstellung, die Sie besucht haben und die Ihnen bis heute im Gedächtnis geblieben ist – und warum hat sie es nun in dieses Interview geschafft?

Eine Ausstellung, die mich bis heute nachhaltig beeindruckt hat, war „Fotografie und Provokation“ von Oliviero Toscani im Museum für Gestaltung in Zürich in diesem Jahr. Toscani war für mich immer eine Ikone und gleichzeitig ein Rebell in der Werbewelt. Als ich das erste Mal seine legendären Benetton-Kampagnen sah, war ich regelrecht überwältigt: von dem Mut, gesellschaftlich brisante und oft kontroverse Themen so ungeschönt zu zeigen und diese gleichzeitig mit der Werbewelt zu verbinden. Da ich selbst lange in der Werbung gearbeitet und große Kampagnen begleitet habe, hat mich seine kompromisslose Haltung zur Kreativität besonders fasziniert. In der Ausstellung sah ich ein Interview mit ihm, das diesen Eindruck nur verstärkte. Toscani scheint ein Mensch zu sein, der sich in seiner künstlerischen und kreativen Freiheit niemals einschränken lässt – selbst wenn das bedeutet, mit den Konsequenzen seiner provokanten Arbeiten leben zu müssen. Was mich ausserdem an Toscani beeindruckt, ist seine unglaubliche Vielfalt und der respektvolle, offene Umgang mit den unterschiedlichsten Menschen. Es gibt bei ihm keine Berührungsängste, stattdessen eine starke Vision und der unerschütterliche Glaube daran, dass Kunst und Werbung auch unbequem sein dürfen – vielleicht sogar müssen. Diese Haltung inspiriert mich bis heute und erinnert mich daran, in meiner eigenen Arbeit mutig zu bleiben.

3. Der *A'Design Award* für das Projekt „Diamonds are Forever – Packaging Design“ brachte Ihnen 2017 den Goldpreis ein. Was bedeutet dieser Erfolg für Sie und Ihre Arbeit?

Der A'Design Award für das Projekt „Diamonds are Forever –

A Design Award, Packaging Design "Diamonds are forever",

Packaging Design“ war 2017 für mich nicht nur eine Anerkennung meiner Arbeit, sondern vielmehr ein Beleg dafür, was möglich ist, wenn Freiheit und Vertrauen zwischen Designer und Auftraggeber gegeben sind. Der eigentliche Erfolg lag darin, dass mir der Kunde in der Umsetzung der Gestaltung, aber auch in der Produktion der Verpackung, nahezu absolute Freiheit ließ. Natürlich gab es ein klares Briefing und einige Richtlinien, die es zu berücksichtigen galt. Doch innerhalb dieses Rahmens durfte ich frei gestalten und kreativ arbeiten. Diese Freiheit ermöglichte es mir, meine Ideen konsequent umzusetzen und bis ins Detail auszuarbeiten. Das Besondere war zudem, dass ich am gesamten Prozess beteiligt war, von der Konzeption bis hin zur finalen Produktion in Italien. Es war eine Erfahrung, bei der innen und außen alles stimmte – sowohl die Zusammenarbeit als auch das Ergebnis. Ein angstfreier Kunde, der einem vertraut und den Gestaltungsprozess unterstützt, ist meiner Meinung nach eine der wichtigsten Voraussetzungen für wirklich gute Arbeit. Solche Projekte sind selten, aber sie zeigen, welches Potenzial Kreativität entfalten kann, wenn man ihr Raum gibt. Vielleicht hat genau das dazu geführt, dass das Projekt letztendlich mit dem Goldpreis ausgezeichnet wurde.

4. Was, Ihrer Meinung nach, macht Kunst heute wirklich zeitgenössisch?

Das ist tatsächlich eine schwierige Frage, denn Kunst heute bewegt sich in einem unglaublich breiten und vielseitigen Feld. Was Kunst wirklich zeitgenössisch macht, ist aus meiner Sicht die Art, wie sie auf unsere Zeit reagiert – sei es durch Themen, Technologien oder die Form der Umsetzung. Früher waren Leinwand und Pinsel die klassischen Mittel, heute sind die Möglichkeiten grenzenlos: digitale Kunst, Installationen, Virtual Reality oder KI-generierte Werke. Diese technischen Werkzeuge eröffnen neue Räume für Ideen und Experimente, verlangen aber auch, dass man bewusst entscheidet, was wirklich Bestand haben soll. Zeitgenössische Kunst bedeutet für mich aber auch nicht nur, den Finger auf gesellschaftliche Wunden zu legen oder zum Nachdenken anzuregen. Sie kann ebenso ein Gegenpol zur Schnelllebigkeit und Schwere unserer Zeit sein – ein Moment der Ablenkung, der Leichtigkeit oder des Staunens. Gerade heute, wo wir täglich mit unzähligen Informationen und Herausforderungen konfrontiert sind, hat Kunst die Kraft, uns mitzunehmen: in eine positivere Welt, in ein anderes Gefühl, vielleicht sogar in eine Art kurze Auszeit. Es geht darum, einen Raum zu schaffen, der es erlaubt, kurz auszusteigen, loszulassen und sich von etwas Schönem, Spielerischem oder Inspirierendem berühren zu lassen. Kunst kann einen solchen Kontrast bieten, indem sie uns die Möglichkeit gibt, zu träumen oder uns in Farben, Formen und Geschichten zu verlieren. Das macht sie für mich ebenso zeitgenössisch wie die kritische Auseinandersetzung mit der Realität. Gerade in dieser Balance zwischen Reflexion und Eskapismus liegt eine große Stärke der Kunst heute.

5. Wie haben Sie Ihr Studium in Graz erlebt? Würden Sie angehenden Künstler:innen empfehlen, dort zu studieren?

Mein Studium der Malerei in Graz war inspirierend und prägend. Österreichs tiefe Kunstgeschichte und Wertschätzung für künstlerische Ausdrucksformen prägten auch die Atmosphäre an der Hochschule. Besonders bereichernd war die Meisterklasse mit nur zehn Studierenden aus der ganzen Welt, die mir neue Perspektiven eröffnete. Das Studium bot mir eine fundierte Grundlage: Neben klassischer Malerei lernte ich auch Fotografie kennen – eine Kombination aus Tradition und Moderne, die meinen künstlerischen Horizont erweiterte. Graz ist ein Ort, der kreatives Wachstum fördert und zugleich handwerkliche sowie technische Grundlagen vermittelt. Ich würde es auf jeden Fall weiterempfehlen.




Theresa Lambrecht zeigt, wie Natur, Freiheit und Vertrauen das künstlerische Schaffen prägen. Ihre Gedanken lassen Raum für Reflexion: Was macht Kunst aus – das, was sie zeigt, oder das, was sie in uns bewegt?


Ein Gespräch, das nachklingt.


Seve King


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